Codierungen im Arbeitszeugnis: Verboten, aber noch immer verbreitet

Das Arbeitszeugnis ist ein wichtiger Bestandteil bei der Jobsuche. Und ganz gleich, ob du einen vormaligen Arbeitgeber mit einem guten oder eher negativen Gefühl verlassen hast, hast du Anspruch auf ein schriftliches Arbeitszeugnis, das wahrheitsgemäss und in einem wohlwollenden Tenor verfasst wurde. Codierungen im Arbeitszeugnis sind eine versteckte Botschaft deines alten an die neuen Arbeitgeber. Und das ist schlichtweg nicht zulässig.

Eine Codierung im Arbeitszeugnis: Was heisst das genau?

Denn das Verfassen von Arbeitszeugnissen mit Codierungen versucht negative Informationen in einer positiven Formulierung darzustellen. Gemäss OR Art. 330a besteht jedoch eine gesetzliche Verpflichtung, die Leistungen und Verhaltensweisen eines Arbeitnehmers in einem Arbeitszeugnis akkurat zu beschreiben. Obwohl solche Codierungen also arbeitsrechtlich verboten sind, tauchen sie dennoch in manchen Zeugnissen auf. Dies kann teils auf Unwissenheit oder Bequemlichkeit des Arbeitgebers zurückzuführen sein, wenn diese beispielsweise aus veralteten Vorlagen übernommen werden.

Aus welchem Grund auch immer dies geschieht: Es ist wichtig, diese codierten Formulierungen zu erkennen, um zu verstehen, was wirklich im Arbeitszeugnis ausgesagt wird. Ein Arbeitszeugnis darf nicht abwertend und muss sachlich und ehrlich sein, ohne versteckte negative Botschaften. Wenn du auf Formulierungen wie «in der Regel», «im Allgemeinen», «grundsätzlich», «war sehr tüchtig» oder «bemühte sich» achtest und auch darauf, ob wesentliche Aspekte fehlen oder unzureichend beschrieben werden, kannst du die Codierungen im Arbeitszeugnis jedoch leicht erkennen.

Codierungen in Form von Schulnoten

Die Codierungen werden meist wie ein Notensystem verwendet. Hier haben wir dir eine Auswahl aufgelistet, die verdeutlichen, wie sie in Arbeitszeugnissen verwendet werden und was sie bedeuten:

Note: Sehr gut / 6
  • stets zur vollsten Zufriedenheit
  • jederzeit sehr zufrieden
  • Arbeitsstil war stets hervorragend und über dem Durchschnitt
  • hat unsere volle Anerkennung
  • hat stets alle übertragenen Arbeiten mit viel Fachkenntnis zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt
  • ihre Arbeitsweise war speditiv, qualitativ einwandfrei
  • mit seiner Art und Hilfsbereitschaft wurde er von den Vorgesetzten wie auch den Arbeitskollegen sehr geschätzt
  • im Umgang mit Vorgesetzten und Arbeitskollegen war sie stets freundlich und korrekt
  • stets hilfsbereit und vorbildlich
Note: gut / 5
  • sehr / stets zufrieden
  • zur vollsten Zufriedenheit
  • stets zur vollen Zufriedenheit
  • die ihm übertragene Aufgaben hat er stets zu unserer vollen Zufriedenheit ausgeführt
  • erledigt die Aufgaben stets selbständig und mit grosser Sorgfalt und Genauigkeit
  • arbeitete sehr zuverlässig, zielstrebig und effizient. Ihre Aufgaben führte sie sehr selbständig, eigeninitiativ und engagiert aus
  • wir waren während der gesamten Beschäftigungszeit mit seiner Leistung voll und ganz zufrieden
  • wir lernten sie als ehrliche, freundliche, exakte, zuverlässige und korrekte Mitarbeiterin kennen
  • war mit Vorgesetzten, Mitarbeitern und Kunden freundlich und zuvorkommend
  • wir schätzten ihre Einsatzbereitschaft und korrekte Art
  • wir lernten Herrn [Name] als ehrlichen, freundlichen, zuverlässigen und korrekten Mitarbeiter kennen.
Note: Befriedigend / 4
  • meistens / soweit zufrieden
  • zur vollen Zufriedenheit
  • stets zu unserer Zufriedenheit
  • waren mit seiner Leistung stets zufrieden
  • hat alle ihr übertragenen Aufgaben ordnungsgemäss erledigt
  • hat die anfallenden Aufgaben zu unserer Zufriedenheit ausgeführt
  • das Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeitern gab keinen Anlass zur Beanstandung
  • war sehr kommunikativ (redet zu viel)
  • hatte ein korrektes Verhalten (ist eine unfreundliche Person)
Note: Ungenügend bis unbrauchbar / 3 bis 1
  • zur Zufriedenheit
  • hat unseren Erwartungen entsprochen
  • die Aufgaben wurden im Grossen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit erledigt
  • hat sich stets bemüht, die ihm aufgetragene Arbeiten zu unserer Zufriedenheit zu erledigen
  • bemühte sich, die Arbeiten im Grossen und Ganzen bestens zu erledigen
  • in der Regel zeigte sie Verständnis für ihre Arbeit und erledigte diese
  • zeigte für seine Arbeit Verständnis und Interesse
  • war mit Interesse bei der Sache
  • war ein umgänglicher und kontaktfreudiger Arbeitskollege
  • war stets um ein gutes Verhältnis zu Arbeitskollegen und Vorgesetzten bemüht
  • zeichnete sich durch seine Pünktlichkeit aus

Codierung mit Verschlüsselungstaktik

Aber die Codierung im Arbeitszeugnis kann auch durch Verschlüsselungen erfolgen, die meist auf den ersten Blick ebenfalls nicht auffallen:

  • Mit Leerstellen werden anstelle von negativen Anmerkungen überhaupt keine Aussagen gemacht, was auf Problematiken im Verhalten oder der Arbeitsleistung hindeuten kann. Leerstellen können auch als wissendes Schweigen interpretiert werden.
  • Bei der veränderten Reihenfolge werden unwichtige Aufgaben vor die wichtigen gestellt, was auf mangelhafte Ausführung der Hauptaufgaben hinweisen kann.
  • Ein Arbeitszeugnis muss schlüssig sein. Doch wenn ein Mitarbeiter nur durchschnittliche Arbeit geleistet hat, aber übersteigert gelobt wird, zeigt dies einen Widerspruch.
  • Mit der Andeutungstechnik werden mehrdeutige Formulierungen benutzt, um negative Eindrücke zu vermitteln.
  • Die Einschränkungstechnik wird verwendet, um positive Eigenschaften des Mitarbeiters abzuschwächen.
  • Ein knappes und zu kurzes Arbeitszeugnis kann auf mangelnde Wertschätzung hinweisen, insbesondere bei langjährigen Mitarbeitern.
  • Einer Selbstverständlichkeit wird zu viel Bedeutung beigemessen, wie zum Beispiel die Buchführungskenntnisse bei einem Buchhalter, dafür aber andere Kenntnisse und Fähigkeiten nicht erwähnt werden.
  • Auch in der Schlussformel können negative Aussagen versteckt sein, wenn man beispielsweise einem Mitarbeiter «zukünftigen Erfolg» wünscht, kann dies auf ungenügende Leistung im vergangenen Job hinweisen.
Arbeitsrecht – was sonst noch erlaubt ist und was nicht

Wenn einem Arbeitnehmer nachweisbar Fehlverhalten wie Untreue oder Diebstahl begangen hat, darf bzw. muss dies auch im Arbeitszeugnis Erwähnung finden. Und zwar in einer klaren und deutlich formulierten Art und Weise.

Ein Arbeitszeugnis muss immer mindestens «befriedigend» in der Bewertung sein und darf nicht schlechter formuliert werden. Versteckte Hinweise und Sätze wie «Gerne stehen wir jedem zukünftigen Arbeitgeber von XY hinsichtlich Nachfragen über die Qualität der für uns geleisteten Arbeit zur Verfügung.» sind in jedem Fall unzulässig, denn Sie lassen nichts Gutes über die bewertete Person vermuten.

Was tun, wenn du Codierungen in deinem Arbeitszeugnis entdeckst

Wenn du ganz sichergehen willst, dass dein frisch überreichtes Arbeitszeugnis keine versteckten Formulierungen und Botschaften enthält, lass es von einem Profi überprüfen. Das kann eine Anwaltskanzlei mit Spezialisierung auf Arbeitsrecht sein oder ein anderer Experte in diesem Bereich. Mittlerweile gibt es auch zahlreiche Online-Tools, die diese Sache für dich per Knopfdruck und in Sekundenschnelle erledigen. Solltest du tatsächlich Codierungen in deinem Arbeitszeugnis finden, kannst von deinem ehemaligen Arbeitgeber ein neues und korrekt formuliertes zu verlangen.

Unser Fazit

Ob absichtlich oder aus Versehen: Ein Arbeitszeugnis mit Codierungen ist nicht korrekt und rechtlich unzulässig. Denn es darf nicht passieren, dass ein geeigneter Bewerber für einen Job nicht berücksichtigt wird, weil sein Arbeitszeugnis nicht regelgerecht formuliert wurde. Und so hat jeder das Recht, das Arbeitszeugnis (von einem fachkundigen Profi) überprüfen zu lassen und vom ehemaligen Arbeitgeber ein neues zu verlangen.

Kennst du weitere Codierungen im Arbeitszeugnis?

Wenn du weitere Codierungen kennst, die in unsere Liste aufgenommen werden sollten, kommentiert diese bitte und wir werden nach einer Überprüfung unseren Artikel aktualisieren.


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